Musa Mamut

* 20. Februar 1931, Usundscha

† 28. Juni 1978, Besch-Terek (Donske)

Das, was ich getan habe, bleibt nicht ohne Widerhall.

Musa Mamut, 23. Juni 1978

Am 23. Juni 1978 begoss sich Musa Mamut mit Benzin und zündete sich an, um gegen die Deportation von Krimtataren zu protestieren.

Musa Mamut wurde in eine Hirtenfamilie auf der Krim geboren. Die große Familie (Musa hatte fünf Brüder und zwei Schwestern) wurde 1944 nach Usbekistan deportiert, wo sie in einer landwirtschaftlichen Genossenschaft arbeitete. In der Verbannung lebte die Familie in Armut, vier von Musas Geschwister starben an Unterernährung. Musa war als Arbeiter in einem Baumwolllager tätig. 1957 erlernte er den Beruf des Maschinisten und arbeitete in einer Genossenschaft als Traktorist.

Erst im September 1967 wurden die Krimtataren von der Beschuldigung, mit den Nationalsozialisten kollaboriert zu haben, freigesprochen und konnten theoretisch in ihre Heimat zurückkehren. Hier erwarteten sie aber Schwierigkeiten mit den Behörden. Musa Mamut kehrte im April 1975 auf die Krim zurück, wo er ein Haus in der Gemeinde Besch-Terek (Donske) bei Simferopol kaufte. Er bekam aber keine notarielle Bestätigung über den Kauf, und hatte dadurch auch keine Aufenthaltserlaubnis. Am 23. April 1976 wurde Mamut festgenommen und am 13. Mai 1976 durch das Kreisgericht zu zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt, weil er die Anmeldepflicht missachtete. Seine Frau wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Mamut wurde in Krementschuk an der Poltawa in Haft gehalten. Nach einigen Monaten wurde er auf Bewährung freigelassen, da der Rest seiner Strafe in Zwangsarbeit in der örtlichen Raffinerie umgewandelt wurde. Als er aufgrund einer Gerichtsentscheidung am 18. Juli 1977, neun Monate vor dem Ablauf der Strafe, freigelassen wurde, kehrte er zu seiner Familie zurück.

Man hat ihm wieder kein Aufenthaltsrecht erteilt und er wurde aufgefordert, die Krim zu verlassen. Musa Mamut wandte sich erfolglos an die Regierungsbehörden und die Leitung der Kommunistischen Partei. Oft diskutierte er mit Freunden über die tragische Situation seiner Nation. Am 20. Juni 1978 wurde gegen das Ehepaar in Sache der unerfüllten Anmeldepflicht ein neues Strafverfahren eingeleitet. Als am 23. Juni 1978 vor seinem Haus die Polizei auftauchte, begoss sich Musa Mamut mit Benzin, nahm Streichhölzer in die Hand und ging nach draußen. Seine Kinder und Freunde versuchten vergeblich zu verhindern, dass er sich anzündete. Laut der Ethnologin Greta Uehling, die zwanzig Jahre nach diesem Ereignis einige Gespräche mit seinen Verwandten führte, hatte sich Mamut viele Monate auf die Tat vorbereitet. Laut ihrer Auslegung ist es möglich, dass es sich in Wirklichkeit um einen Selbstmordangriff auf den Polizisten handelte, der kam, um das Ehepaar festzunehmen. Die Zeitzeugnisse unterstützen diese Interpretation jedoch nicht. Es ist wahrscheinlich, auch unter Rücksichtnahme seiner Aussagen im Krankenhaus, dass sich Musa Mamut eher von der Tat Jan Palachs inspirieren ließ, die dank der ausländischen Übertragung auf Krim bekannt war.

Mamut erlitt Brandwunden an 90 Prozent seines Körpers. Er wurde ins Krankenhaus in Simferopol gebracht, wo er nach fünf Tagen starb. Die ganze Zeit war er bei Bewusstsein und behauptete wiederholt, sich aus Protest gegen die Deportation der Krimtataren aus ihrer Heimat verbrannt zu haben. Er wurde in der Gemeinde Besch-Terek (Donske) beerdigt. Die Behörden bemühten sich, die Gründe seiner Tat geheim zu halten und versuchten, ihn für psychisch krank zu erklären. Sein Protest erweckte jedoch einen großen Widerhall unter den Krimtataren. Die Vertreter der nationalen Bewegung der Krimtataren und die Dissidenten Mustafa Cemilev und Reşat Cemilev wandten sich am 5. Juli 1978, in Zusammenhang mit Mamuts Tod, den sie als Opfer der Nation interpretiert hatten, an König Chalid von Saudi Arabien, sowie am 15. August 1978 an die Weltöffentlichkeit und forderten die Unterstützung der Krimtataren. Am 4. Juli 1978 schickte der russische Dissident Andrej Sacharow einen Brief an Leonid Breschnew, in dem er ihn aufforderte, den Krimtataren „die Rückkehr der Gerechtigkeit“ zu gewährleisten.

Im Jahre 1986 wurde über diesen Fall in New York ein Buch mit Dokumenten veröffentlicht, welches von Reşat Cemilev vorbereitet wurde.

Literatur: >>>

DZHEMILEV, Rešat (ed.): Musa Mamut. Human Torch. Collection of Documents. Crimean Foundation, New York 1986.

KAMIŃSKI, Łuskaz: První živá pochodeň ve východním bloku. Ryszard Siwiec (1909–1968), In: BLAŽEK, Petr – EICHLER, Patrik – JAREŠ, Jakub a kol: Jan Palach ´69. FF UK – ÚSTR – Togga, Praha 2009, s. 115–127.

kol. autorů: Słownik dysydentów. Czołowe postacie ruchów opozycyjnych w krajach komunisticznych w latach 1956–1989. Tom II. Karta, Warszawa 2007, s. 742–743.

UEHLING, Greta: Squatting, Self-Immolation, and the Repatriation of Crimean Tatars, In: Nationalities Papers, roč. 28, č. 2 (2000), s. 317–341.